Memoiren schreiben – Antworten auf zehn häufige Fragen

Sie möchten Ihre eigene Lebensgeschichte aufschreiben? Ihre Memoiren oder Ihre Autobiografie? Wenn Sie diesen Entschluss gefasst haben, freue ich mich für Sie. Denn es gibt kaum eine sinnvollere Tätigkeit. Beim Schreiben können Sie Ihre Erinnerungen wieder auffrischen. Sie können Ihre Erfahrungen und Erkenntnisse vertiefen. Sie können ein Stück Ihres Lebens aufbewahren und weitergeben.

In diesem Artikel beantworte ich zehn häufige Fragen zum Schreiben von Memoiren und Lebenserinnerungen.

Seit 15 Jahren befasse ich mich mit diesem Thema, als Biograf und Schreibberater. Diese Fragen wurden mir immer wieder gestellt. Ich beantworte sie, ohne mehr vorauszusetzen als Ihren gesunden Menschenverstand. Die Reihenfolge richtet sich in etwa nach dem Ablauf eines Schreib-Projekts.

Bücherbaum. Fragen zu Memoiren.

Auch Erinnerungen („Memoiren“) können in den Himmel wachsen.

1. Wie lang dauert das Schreiben von Memoiren?

Das hängt natürlich von Ihnen ab. Von Ihrer Zeit, Ihrer Energie und Ihren Schreiberfahrungen. Im Durchschnitt halte ich einen Zeitraum von zwei Jahren für realistisch.
Meine Daumenregel: sechs Monate für die Vorbereitungen und das »Einschreiben«, neun Monate für das eigentliche Schreiben, drei fürs Überarbeiten und sechs weitere Monate für die Fertigstellung des Buchs (Lektorat, Korrektur, Bilder, Layout, Herstellung).

2. Interessiert sich jemand für mein Leben?

Was als »interessant« gilt, wird häufig von den Medien bestimmt. Weil man diesen oder jenen Prominenten aus dem Fernsehen kennt, interessiert man sich für sein sonstiges Leben und greift im Buchladen vielleicht zu seiner Autobiografie. Ein ganz anderes und viel tieferes Interesse hat man am Leben der eigenen Eltern und Großeltern. Was würden Sie dafür geben, die Biografien verstorbener Angehöriger lesen zu können? Möglicherweise werden sich Menschen für Ihre Biografie interessieren, die jetzt noch nicht geboren sind. Vielleicht erreichen Sie kein breites öffentliches Interesse, sicherlich jedoch ein tiefes.
Und dann gibt es noch diesen einen Menschen, für den die Pflege Ihrer Erinnerungen von entscheidender Bedeutung ist: Sie selbst!

3. Kann ich überhaupt schreiben (lernen)?

Wer überhaupt von sich erzählen kann, kann auch über sich schreiben. Oftmals ist es wichtig, zunächst die Scheu vorm Schreiben zu verlieren, die uns Schule und Ausbildung antrainiert hat. Zu viele Regeln und Tipps können da sogar schädlich sein.
Wenn Sie ein wenig Schreiberfahrung gesammelt haben, können Sie sich das grundlegende Handwerkszeug des Schreibens nach und nach aneignen. Dieses unterscheidet sich beim Schreiben von Memoiren oder Autobiografien nicht wesentlich von dem, das auch bei Romanen angewendet wird. Typische Themen sind: Spannung, Zeitformen, Perspektive, Porträts, Szenen, Dialoge usw.
Die wichtigste Regel ist: Es muss Freude bereiten.
Die wichtigsten »Lehrbücher« sind gute Autobiografien, von denen Sie sich »eine Schreibe abschneiden« können. Auf meiner Internetseite biografika biete ich eine individuelle Einzelberatung zum Einstieg ins biografische Schreiben.

4. Muss ich mit dem Computer schreiben?

Benutzen Sie das Schreibgerät, das Ihnen am besten liegt. Und das sie nicht in ihrem Schreibfluss stört. Computer oder Füllfederhalter, mit Kugelschreiber in kleine oder große Notizbücher: Alles ist möglich. Oder verwenden Sie, wenn Sie möchten, Fragebögen (»Erzählblätter«) und Aktenordner. Erst wenn aus den geschriebenen Geschichten ein Buch werden soll, müssen Sie sich mit der Technik beschäftigen.
Das Abtippen in den Computer kann zugleich dazu verwendet werden, den Text zu überarbeiten. Sie verlieren damit also keine Zeit. Wer mit dem Abtippen Schwierigkeiten hat, kann einen Dienstleister heranziehen. Schreib-Services wie gibt es genug (zum Beispiel die sehr freundliche VBA Reinmöller).

5. Soll ich mit der Gliederung anfangen?

Ich rate eher dazu, mit einzelnen Geschichten zu beginnen. Machen Sie sich zunächst eine kurze Liste von drei Geschichen (Episoden aus Ihrem Leben), über die sie auf jeden Fall schreiben möchten. Später können Sie diese Liste nach und nach erweitern. Erst wenn sie einige Geschichten zusammenhaben, sollten Sie eine (vorläufige) Gliederung anfertigen, um die Übersicht zu behalten.
Es ist wie bei einer Reise: Die Wenigsten haben Spaß daran, jeden einzelnen Tag, jede Stunde und jede Sehenswürdigkeit vorab festzulegen. Nehmen Sie auch beim Schreiben Rücksicht auf Ihre Stimmungen, lassen Sie Raum für spontane Entscheidungen. Anders als eine Reise können Sie Ihre Memoiren später überarbeiten, falls Sie sich verlaufen sollten.

6. Wie soll ich aus der Fülle meines Lebens eine Auswahl treffen?

Das ist die Kernfrage des autobiografischen Schreibens. Denn das Leben ist so reichhaltig, dass Sie unmöglich alles aufschreiben können. Beginnen Sie (siehe oben) mit dem, was Ihnen am Wichtigsten ist.
Beim Schreiben einer Autobiografie können Sie sich an dieser Frage orientieren: »Wie bin ich zu dem geworden, der ich bin?«. Um sie zu beantworten, müssen Sie von Ihrer Herkunft erzählen, von wichtigen Einflüssen und von Wendepunkten Ihres Lebens. Wann standen Sie vor einer wegweisenden Entscheidung? In welcher Situation hätte Ihr Leben auch ganz anders weitergehen können?
Die Autobiografie ist jedoch nicht die einzige Form des biografischen Schreibens. Memoiren können von Ihrer beruflichen Karriere handeln oder sich allein auf Ihr Familienleben konzentrieren. Sie können sich auch auf ein einziges entscheidendes Erlebnis konzentrieren, zum Beispiel eine schwere Krise, die Sie glücklich überwunden haben, oder eine abenteuerliche Reise. Dann schreiben Sie ein sogenanntes Memoir (ohne »en« am Ende).
Sie merken: Die Frage nach der Auswahl hat viel mit Ihrer Motivation zu tun, biografisch zu schreiben. Beispiele und literarische Regeln können Ihnen dabei helfen, Ihre Auswahl zu treffen. Entscheiden müssen Sie selbst.

7. Wie schreibe ich spannend?

Spannung entsteht, wenn sich der Leser eine Frage stellt. Eine dringliche Frage wird ihn oder sie so lange weiterlesen lassen, bis sie beantwortet wird. Mit der Antwort löst sich die Spannung.
Beim Lesen von Memoiren stellen sich andere Fragen als zum Beispiel beim Krimilesen. Darum entsteht auch eine andere Art von Spannung. Wer Ihre Erinnerungen liest, möchte zum Beispiel wissen, wie Ihre Berufsentscheidung zustande gekommen ist. Oder warum Sie sich haben scheiden lassen. Versuchen Sie, solche Fragen nicht in allgemeinen Worten und vorab zu beantworten. Stattdessen sollten Sie den Leser durch ihr Leben führen, ihn Entscheidungen und Erlebnisse miterleben lassen und nichts vorwegnehmen.
Wenn Sie eine (für Sie) spannende Situation schildern, ist es besonders wichtig, die Informationen gut zu verteilen. Lassen Sie den Leser nur wissen, was Sie wussten. Verraten sie nicht zu früh, wie die Geschichte ausging.
Ein guter Trick, um darüberhinaus Spannung zu erzeugen, besteht darin: Springen Sie in Szenen. Wenn sie zum Beispiel die Krankheit eines Angehörigen schildern wollen, wäre ein guter Anfang, das Krankenzimmer oder seinen/ihren Zustand zu schildern und den Leser erst anschließend über die Zusammenhänge aufzuklären.
(So etwas lernt man am besten an einem Beispiel, doch dafür ist hier nicht der Platz.)

8. Darf ich über Mitmenschen schreiben?

Selbstverständlich, schreiben dürfen Sie alles.
Wenn Sie allerdings Bücher oder Texte veröffentlichen, müssen Sie die Persönlichkeitsrechte der Menschen wahren, über die sie schreiben. Am besten lassen Sie die Betroffenen die entsprechenden Passagen lesen und holen ihr Einverständnis ein. Verweigert jemand sein Einverständnis, muss er oder sie im Buch »anonymisiert« werden. Das heißt, dass der Name geändert werden muss und andere Merkmale, die erlauben, die Person zu identifizieren (etwa Wohnort, Beruf etc.).
Haben Sie kein ausdrückliches Einverständnis (aus praktischen oder persönlichen Gründen), müssen Sie vor allem darauf achten, dass Sie keine Unwahrheiten verbreiten. Überprüfen Sie alle ihre Aussagen gewissenhaft, vor allem, wenn Sie möglicherweise rufschädigend wirken könnten. Beschuldigen Sie niemanden aus der bloßen Erinnerung heraus.
Außerdem sollten Sie besonders vorsichtig sein, wenn es um den Intimbereich geht, zum Beispiel um sexuelle Handlungen. Ob wahr oder unwahr spielt hier keine Rolle. Der Intimbereich einer Person ist als solcher geschützt.
Wenn Sie in dieser Hinsicht vorsichtig sind, haben Sie jedoch durchaus das Recht, auch über Menschen zu schreiben, die Sie beeinflusst haben und denen Sie begegnet sind. Auch die Kunstfreiheit ist ein rechtliches Gut.
Wenn es zu einer (gerichtlichen) Auseinandersetzung käme, müsste das Gericht zwischen Ihrer Kunstfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht des Klägers/der Klägerin abwägen. Das ist eine Frage des Einzelfalls.
Da ich kein Rechtsanwalt bin, verweise ich zusätzlich auf diese Internet-Seite zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht: www.rechtsanwalt-gessner-berlin.de/allgemeine-persoenlichkeitsrechts-medienrecht/

9. Wie mache ich ein Buch daraus?

Wenn Sie Ihre Memoiren oder Ihre Autobiografie geschrieben haben, muss das Manuskript zunächst in computerlesbare Form gebracht werden (siehe Frage 4). Am besten, Sie überarbeiten es dabei noch einmal. Dann lassen Sie es »testlesen« oder professionell lektorieren und korrigieren. Achten Sie darauf, dass Sie ehrliche Kritik einholen, keine »Gefälligkeitsgutachten«.
Sind Sie mit dem Text zufrieden, müssen Sie sich für oder gegen Bilder entscheiden. Falls Sie es nicht längst getan haben. Jedes Bild braucht eine möglichst aussagekräftige Bildunterschrift.
Dann kommt das Layout. Wenn Sie es sich leisten können, rate ich dazu, eine/n Graphikdesigner/in damit zu beauftragen. Zu einem feierlichen Anlass trägt man festliche Kleidung, warum sollten Ihre Erinnerungen schäbig verpackt werden? Beim Layout, zu dem auch der Buchumschlag gehört, geht es nicht allein um Lesbarkeit und Information, sondern auch um die Wertschätzung Ihres Schreibens. Falls Sie eine Empfehlung brauchen: Julia Karl von der JuKa-Satzschmiede gestaltet Bücher zu einem fairen Preis.
Textverarbeitungsprogramme wie »Microsoft Word« können zwar dazu verwendet werden, auch größere Textmengen zu gestalten. Im Vergleich zu echten Layoutprogrammen bleiben die Ergebnisse dabei jedoch unterdurchschnittlich. Das Ergebnis des Layouts ist eine druckfertige pdf-Datei.

10. Wie finde ich einen Verlag für meine Memoiren?

Vor allem, wenn Sie etwas Besonderes, Nicht-Alltägliches erlebt haben, könnte sich ein Verlag dafür begeistern. Eine größere Leserschaft findet sich besonders dann, wenn Ihr Schicksal mit einer aktuellen gesellschaftlichen Frage in Verbindung steht. Vorausgesetzt, Sie können professionell darüber schreiben, oder Sie arbeiten mit einem Ghostwriter (zum Beispiel mit mir) zusammen. Um einen Verlag für Ihr Buchvorhaben zu interessieren, ist ein Exposé nützlich. Es enthält eine präzise Inhalts- und Strukturanalyse, eine Textprobe und verlagsbezogene Angaben.

Wenn es Ihnen vor allem darum geht, Ihr Buch zu veröffentlichen und im Buchhandel verfügbar zu machen, können Sie es sich mit einem Internet-Dienstleister wie Books on Demand oder tredition wesentlich einfacher machen. Die Kosten für die reine Veröffentlichung (ohne Layout oder Lektorat) sind gering. Wenn Ihnen das Hantieren mit pdf-Dateien und Internetportalen zu mühsam ist, können Sie auch auf meine Dienste zurückgreifen.

Haben Sie weitere Fragen?

Wenn Sie lernen möchten, flüssig und leserfreundlich zu schreiben, und sich für die Vielfalt des (auto-)biografischen Schreibens interessieren, empfehle ich Ihnen meinen Online-Kurs „Der biografische Kompass“. Er nimmt sie mit ins weite Land des Schreibens — und sorgt dafür, dass Sie sich nicht verirren. Hier erfahren Sie mehr darüber.

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